Bôr schien dieser Wald ebenfalls nicht zu gefallen.
Er legte die Ohren zurück und schnaubte leise und furchtsam. Die Elben jedoch
sahen beinahe zärtlich zu den alten Bäumen hinauf. Ihre Augen glänzten und sie
beachteten weder das Zittern in Hamfasts Stimme noch seinen ängstlichen Blick.
Galadhion trieb sein Pferd hinein. „Bleibt dicht
hinter mir, Herr Hamfast“, forderte er ihn auf und war im nächsten Augenblick
verschwunden.
Der kleine Mann zögerte, doch dann folgte er ihm
mit einem hastigen „Wartet auf mich!“, in die unbekannte Dunkelheit.
Taurfaron lenkte sein Tier direkt nach ihm in den
Wald.
Kaum war Hamfast an dem ersten der Bäume vorbei, so
umfing ihn tiefe Finsternis und er mußte sich auf die Augen der Pferde und
Elben verlassen. Er krampfte die Hände ängstlich in Bôrs Mähne.
„Ich kann gar nichts mehr erkennen...“, piepste er
etwas kläglich und verstummte sogleich wieder, weil er vor den Gefährten nicht
als Feigling dastehen wollte.
>Hoffentlich
wissen sie wenigstens wo wir langmüssen, und zum Glück kann ich wenigstens die
Schritte der Pferde vor und hinter mir hören, da weiß man doch wenigstens, daß
man nicht allein unterwegs und noch auf dem rechten Pfad ist<, klagte er
dafür in Gedanken umso energischer. >Ach,
ich wünschte, ich wäre erst wieder heil zuhause<, setzte er mit einem
leisen Seufzer hinzu. Seine gute Laune war plötzlich ziemlich in den Keller
gesunken.
„Ihr braucht nichts zu erkennen, Euer Pony sieht
für Euch. Macht Euch deshalb keine Gedanken“, hörte er Taurfarons beruhigende
Stimme aus dem Dunkel hinter sich.
„Ich will mir aber Gedanken machen!“, opponierte
sich der Kleine. „Ich frage mich ernsthaft, was Euch an diesem stickigen,
muffeligen Wald so gefällt!“
Ein tiefes, knarrendes und böse klingendes Geräusch
war die Antwort. Hamfast schluckte. „Was war das?“
„Das, mein Freund, war die Stimme der Bäume“,
lachte Galadhion gut gelaunt aus dem Dunkel am anderen Ende und Taurfaron fügte
erklärend hinzu: „Sie haben verstanden, was Ihr gesagt habt und fühlen sich
gekränkt. Dieser Wald ist sehr alt, wißt Ihr.“
Hamfast rutschte betreten auf dem Sattel herum. Der
Kloß im Magen wurde größer. In Gedanken sah er sich bereits zwischen zwei sich
bewegenden Bäumen zerquetscht. Ihm brach der Angstschweiß aus. „Tut mir leid,
liebe Bäume. Es muß mein Hemd sein, das hier so stinkt!“, brachte er mit einem
dünnen Stimmchen hervor.
Seine Augen schweiften unsicher durch die Dunkelheit,
als irgend etwas in seinem Kopf ihm sagte, daß er sich soeben ganz fürchterlich
blamiert hatte. Doch das freundliche Wiegen der Blätter, die ihm ein wenig
frische Luft zuwedelten, ließen ihn erleichtert aufatmen.
Die Elben kicherten belustigt. Jetzt war es
Hamfast, der sich gekränkt fühlte. Er wischte sich mit der Hand den Schweiß von
der Stirn.
„Wie alt?“, holte er dann zum Gegenschlag aus.
Taurfaron verdrehte die Augen, was Hamfast aber
wegen der Dunkelheit nicht sehen konnte. Im allgemeinen war der Elb sehr
ausdauernd im Beantworten seiner zahllosen Fragen, ebenso wie er stets geduldig
seinen ausgedehnten Erzählungen lauschte, aber manchmal waren sie einfach zu
dämlich!
„Sehr alt“, sagte er nur knapp.
„Wie alt?“, beharrte Hamfast mit einem verräterischen
Zucken um die Mundwinkel, was Taurfaron aber ebenfalls nicht sehen konnte, da
er hinter ihm ritt. Wenn diese weisen Erstgeborenen glaubten, ihren Scherz mit
ihm treiben zu dürfen, würde er sich eben auch einen Spaß erlauben, und wenn
dieser auch nur darin bestehen sollte, ihnen wahre Löcher in den Bauch zu
fragen.
Taurfaron, der seine Absicht nicht erkannte,
seufzte. „Der Wald war schon alt, als mein Vater das erste Mal hierher kam.“
„Und wann war das?“
„Ach, was weiß denn ich! Als er noch jung war.“
„Und wie alt ist er jetzt?“
„Ungefähr achttausend Jahre älter, als Ihr jemals
werdet!“, platzte der Elb ziemlich ungehalten heraus.
„Das ist aber keine sehr nette Feststellung, Herr
Taurfaron!“, Hamfast kämpfte darum, ernst zu bleiben.
Galadhion ließ ein belustigtes Schnaufen hören. Der
Kleine hatte es tatsächlich geschafft seinen sonst so ausgeglichenen Kameraden
aus der Fassung zu bringen.
Dieser murmelte beleidigt irgend etwas vor sich
hin, als er bemerkte, daß der pfiffige kleine Kerl den Spieß herumgedreht hatte
und nun er es war, der für die Belustigung der Gruppe sorgte. Doch als Hamfast
ein herzliches Lachen hören ließ und Galadhion nun ebenfalls ungeniert
losprustete, stimmte auch Taurfaron mit ein.
Die Bäume beugten ihre Blätter herab und schienen
sich zu wundern über dieses eigenartige Trüppchen, daß sich da zwischen ihnen
hindurchschlängelte. Ein leises raschelndes Geräusch, wie von vielen
geschüttelten Ästen war zu hören. Es klang, als ob nun auch der Wald in die
Heiterkeit der Gefährten einstimmte.
Kurz vor dem Untergang der Sonne erreichten sie
sein westliches Ende und schlugen ihr Lager unter freiem Himmel auf. Hamfast
atmete tief durch und warf noch einmal einen scheuen Blick zum Wald zurück.