Hamfast der Abenteurer

 

 

 

Fassungslos starrte Durin in die leere Kiste. Die beiden Elben schienen weniger beeindruckt. Wenigstens waren sie feinfühlig genug, eine Bemerkung wie >das haben wir geahnt< zu unterlassen, fand Hamfast. Der Hobbit stand noch immer vor der Tür der Schatzkammer und trat unruhig von einem Fuß auf den anderen. Was war hier zu tun? Er spürte ein unbändiges Verlangen danach, dem Dieb hinterherzurennen und ihm seine Beute wieder abzujagen... Mutlos atmete er tief durch. Wenn, dann war ganz sicher nicht er der richtige Mann dafür.

 

Celebrimbor war an die rechte Seitenwand getreten. Die Handfläche daran gelegt, verharrte er mit gesenktem Haupt, die Augen geschlossen, als würde er nach etwas lauschen oder es zu erspüren suchen.

 

„Was ist es?“ flüsterte Celeborn und trat an seine Seite, berührte jedoch die Wand nicht, sondern beobachtete stattdessen seinen Freund.

 

Celebrimbors Gesichtsausdruck wurde zunehmend gequälter, je länger er in sich hineinfühlte. Schließlich trat er mit einem leisen Stöhnen von der Wand weg. „Eine dunkle Präsenz“, erwiderte er keuchend. Hamfast mochte sich irren. Vielleicht spielte der Fackelschein ihm einen Streich. Aber er glaubte, einen grünlichen Schimmer in dem erblaßten Gesicht des Elben zu erkennen.

 

„Wie konnte jemand hier hereinkommen, ohne das Tor zu beschädigen?“ polterte Durin, der seine Beherrschung wieder gefunden hatte. Wütend knallte er den Deckel auf die Truhe und blickte sich mit funkelnden Augen in der Kammer um, begierig jemanden zu entdecken, den er mit bloßen Händen erwürgen könnte.

 

„Wer auch immer es war, er ist durch diese Seitenwand gekommen“, behauptete Celebrimbor, der sich wieder erholt zu haben schien.

 

„Durch die Seitenwand?“ lachte Durin bitter. „Blödsinn! Wie soll jemand durch diese massive Felswand kommen? Das ist gar noch unmöglicher, als durch das Eichentor!“

 

Um die Stabilität der Wand zu beweisen, zückte Durin seine schwere Streitaxt, schwang sie hoch über seinen Kopf und schleuderte sie ohne Vorwarnung gegen den Felsen, gleich zwischen den beiden dicht beisammen stehenden Elben.

 

Instinktiv preßte Hamfast sich beide Hände auf die Ohren, um den erwarteten lauten Aufprall zu dämpfen. Er zog die Schultern hoch und den Kopf dazwischen und schloß die Augen. Außerdem hielt er den Atem an, denn aus irgend einem seltsamen Grund verlangte ein Reflex dies von ihm.

 

Dann wartete er. Gleich mußte es knallen und dann würde er langsam wieder die Hände von den Ohren nehmen, die Augen öffnen und den Körper aufrichten.

 

Doch statt des erwarteten Aufpralls der Axt gegen die Felswand ertönte Durins erschreckter Schrei und ein dumpfer Schlag auf den Boden.

 

Schnell sah Hamfast nach, was da passiert war. Noch bevor er seine Augen ganz öffnen konnte, hörte er Durin bereits schimpfen. Er zeterte und tobte, als würde er mit der guten Berelia zuhause in Breth einen Wettstreit ausfechten.

 

Als Hamfast dann hinsah, staunte er nicht schlecht. Unweigerlich öffnete sich sein Mund und unterstützte auf seine Art das weit aufgerissene Augenpaar.

 

„Eine Illusion“, wunderte sich Celeborn.

 

Nebenbei bemerkte Hamfast, daß die beiden Elben rechtzeitig zur Seite getreten waren und jetzt weiter auseinander standen.

 

Celebrimbor nickte zustimmend und war natürlich kein bißchen überrascht. Mit leicht angedeutetem arrogantem Grinsen blickte er hinab, dorthin, wo Hamfast den Kopf des Zwergenkönigs vermutete.

 

Ganz recht. Vermutete. Denn sehen konnte er ihn nicht.

 

Durins Beine lagen bis zur Hüfte flach auf dem Boden. Sein Oberkörper jedoch steckte scheinbar in solidem Felsen.

 

Neugierig trat Hamfast näher, betrachtete erstaunt Durins Unterleib und versuchte seinen Oberkörper zu erkennen. Es gelang ihm nicht. Die Illusion war zu perfekt. Mit ausgestrecktem Zeigefinger tastete er nach der Wand und zog ihn erschreckt wieder zurück, als die Spitze im Stein verschwand. Danach mußte Hamfast erst einmal vorsichtig hinsehen und nachfühlen um sicherzugehen, daß sein Finger noch intakt war.

 

Jetzt hob Celeborn die Fackel vom Boden auf, die Durin achtlos hatte fallen lassen, beleuchtete die „Wand“, und als die Illusion dem Schein nicht wich, streckte er den Arm einfach hindurch. Hamfast japste nach Luft. Was gerade noch wie eine solide Mauer ausgesehen hatte, lag jetzt wie ein dünner, durchscheinender Vorhang vor einer großen, unregelmäßigen Öffung. Diese war nicht groß genug, daß die Elben aufrecht hindurchgehen konnten, doch um den Zwergenkönig zu erfassen, hatte sie ausgereicht.

 

Durin war inzwischen wieder auf den Beinen, stand auf der anderen Seite der Mauer und starrte in den sich im Fackelschein vor ihm ausstreckenden Tunnel hinein.

 

„Ein Stollen!“ schimpfte er empört. „Was hat ein Stollen hier zu suchen, wo ich keinen zu graben befohlen habe?!“ Wütend fuchtelte er mit seiner Axt durch die Luft, als hätte ein unsichtbarer Gegner ihn zu einem Zweikampf herausgefordert.

 

„Wie konnte es Euch entgehen, daß jemand hier gegraben hat?“ rieb Celeborn undiplomatisch noch Salz in die Wunde. Er bückte sich, um weiter in den Gang hineinzuleuchten, doch das Feuer vermochte die Dunkelheit nicht weit zu durchdringen.

 

„Gebt her!“ brummte Durin ungeduldig, entriß dem Elbenfürsten rüde die Fackel und machte Anstalten, in den Gang hinein zu gehen.

 

„Wartet!“ Celeborn griff ihn unsanft an der Schulter und hielt ihn zurück. „Ihr solltet nicht alleine gehen.“

 

Durin schnaubte wütend und riß sich los. „Dann kommt doch mit, Elblein, wenn Ihr Euch traut! Oh, ich vergaß, ihr Elben fürchtet Euch vor dunklen Gängen und unterirdischen Höhlen.“ Er lachte freudlos.

 

Celeborn atmete scharf ein, erwiderte jedoch nichts. Er drehte sich um: „Herr Hamfast, wäret Ihr so freundlich und würdet die Hohen Damen von dem Vorgefallenen unterrichten? Vorerst sollen nur die beiden davon erfahren und selbst entscheiden, wen sie darüber in Kenntnis setzen wollen. Sagt ihnen auch, daß wir die Spur verfolgen.“

 

„Aber...“, wagte Hamfast einzuwenden. Er zog seinen klobigen Hut vom Kopf, um ihn nervös zu kneten. Es widerstrebte seinem Wissensdrang und seiner Ungeduld, hier zurückbleiben zu müssen. Nicht daß der Stollen einen beruhigenden Eindruck auf ihn machte. Ganz im Gegenteil. Er wirkte bedrohlich. Beängstigend. Und etwas sagte ihm, daß er besser daran tun würde, der Bitte Celeborns nachzukommen und zurück zu bleiben.

 

Celeborn sah ihn mit hochgezogener Augenbraue fragend an. „Ja?“

 

„Ich möchte mitkommen“, piepste er schließlich, noch nicht ganz selbst davon überzeugt.

 

„Ich werde hier bleiben“, bot sich überraschenderweise Celebrimbor an, „und von hier aus einen Weg suchen, den Dieb ausfindig zu machen.“ Verständnislos schüttelte er den Kopf und deutete mit einem Nicken in das Dunkel hinein. „Das ist Irrsinn. Das weißt du. Wir sollten alle gemeinsam nach oben gehen und in Ruhe überlegen, was zu tun ist.“

 

Celeborn nickte bestätigend. „Das wäre der vernünftigere Weg.“ Der Blick, den er von diesem unbemerkt auf den Zwergenkönig warf, drückte deutlich aus, daß er ihn im Moment nicht zugänglich für etwas, das auch nur im entferntesten mit Vernunft im Zusammenhang stand, hielt.

 

Durin kochte vor Wut und war kaum davon abzuhalten auch nur einen Augenblick länger zu verharren.

 

Celebrimbor seufzte. „Ihr solltet wenigstens Vorräte mitnehmen und...“

 

„Kommt ihr endlich?“ wurde er von Durin wüst unterbrochen. „Was soll das Gerede? Während die Herren Elben hier munter palavern, gewinnt der Dieb einen immer größeren Vorsprung!“ Der Zwergenkönig war jetzt mit seiner kurzen Geduld am Ende, und ehe Celeborn ihn noch einmal zu fassen bekam, war er im Gang verschwunden.

 

Zürnend schüttelte Celeborn den Kopf. „Das habe ich geahnt“, knirschte er durch die Zähne. „Zwerge! Zwerge und ihre unglückselige Sturköpfigkeit!“

 

Er wandte sich an Celebrimbor: „Geh, veranlasse alles Nötige und schicke uns jemanden hinterher.“ Er prüfte routiniert den Sitz seines Schwertgehänges und schob das kurze Messer im Gürtel etwas weiter nach hinten, wo es ihm beim Bücken nicht herausfallen konnte. Es war dem hochgewachenen Elben nämlich unmöglich, in diesem Gang aufrecht zu gehen.

 

„Seit ihr bereit, Herr Hamfast?“ fragte er den kleinen Mann.

 

Hamfast nickte, noch immer unsicher und doch zugleich entschlossen. Er atmete tief durch und schluckte die Angst hinunter, die ihm die Kehle zuzuschnüren drohte. „Ja, bereit!“ antwortete er dann mit fester Stimme.

 

Celeborn betrachtete den kleinen Mann mit einem kurzen prüfenden Blick, dann schickte er sich an, dem Zwergenkönig zu folgen.

 

„Warte! Nimm dies!“ wurde er von Celebrimbor ein letztes Mal aufgehalten. Hamfast konnte nicht erkennen, was dieser dem anderen in die Hand drückte. Celeborn stutzte. Dann neigte er in dankbarer Geste sein Haupt.

 

Kurze Zeit später waren die beiden ungleichen Männer in der Schwärze des Tunnels verschwunden. Celeborn ging mit gebeugtem aber sehr raschem Schritt voran, daß man glauben konnte, die Dunkelheit würde ihn überhaupt nicht beeinträchtigen. Hamfast hatte Mühe, ihm zu folgen. Er tastete sich an der unebenen Wand entlang und stieß mit den Zehen einige Male unsanft gegen hervorragende Felstrümmer und herumliegende Steine.

 

Glücklicherweise hielt dieser Zustand nicht lange an. Dank Celeborns Eile holten sie Durin bereits nach wenigen Minuten ein. Beim Fackelschein konnte Hamfast sich erst einmal einen Überblick über die Beschaffenheit des Tunnels verschaffen.

 

Dies brachte ihm allerdings keine neuen Erkenntnisse. Die Wände waren grob durchbrochen, die Decke hing ebenso unregelmäßig herab, und auch auf die Ebenheit des Bodens hatte niemand besonderen Wert gelegt. Dieser Gang war ganz offensichtlich in Eile gegraben worden. Keiner der drei war darüber überrascht.

 

Durin war in die Hocke gegangen und hielt die Fackel dicht an einen gelblichen Fleck am Boden. Prüfend fuhr er mit einem Finger darüber, strich etwas davon ab und hielt es schnuppernd an die Nase. Dann nieste er ausgiebig.

 

„Schwefel!“ verkündete er und wischte sich den Finger an der Jacke ab. „Nicht nur hier.“ Er deutete zurück auf den Weg, woher sie gekommen waren. „In fast regelmäßigen Abständen, etwa alle zehn Schritte, als hätte jemand ihn in einem lecken Gefäß getragen.“

 

„Was ist Schwefel?“ wollte Hamfast wissen und betrachtete das gelbe Pulver neugierig. Nachdem Durins Nase so heftig darauf reagiert hatte, entschied er sich dafür, trotz seiner Lernbegierde nicht daran zu riechen. Er bemerkte auch so, daß es übel nach faulen Eiern roch. Behutsam nahm er eine Prise davon und zerrieb sie zwischen Daumen und Zeigefinger. Es fühlte sich leicht körnig an, fast wie grob gemahlenes Mehl.

 

Als er keine Antwort erhielt, blickte er mit fragendem Summton zuerst Durin, dann Celeborn an. Der Zwerg grummelte etwas von einem Nebenprodukt beim Bergbau, und der Elb runzelte kopfschüttelnd die Stirn. „Nichts, was hier einen Sinn ergäbe“, sagte er schließlich. „Laßt uns weitergehen.“

 

Das taten sie denn auch. Gefühlte zwei Stunden lang. Durin mit der Fackel voran, dann Celeborn, und am Ende folgte Hamfast. Hin und wieder fragte er nach vorne, ob schon etwas zu erkennen sei. Etwas anderes als dieser endlos erscheinende Tunnel, und immer erhielt er die gleiche Antwort: Nein, nichts. Als der Hobbit zum wiederholten Male nachforschte, kam nur ein gereiztes Brummen zurück und Durin schritt weiter aus, wie um endlich der lästigen Fragerei zu entgehen.

 

Hamfast hopste schneller hinterher und erkundigte sich mit ungebrochenem Mut: „In welche Richtung gehen wir? Ich habe völlig die Orientierung verloren.“

 

„Nach Osten!“ behauptete Durin und maulte über den schlechten Zustand des Tunnels. Dies tat er wenigstens ebenso regelmäßig, wie Hamfast nach Neuigkeiten forschte.

 

„Wie könnt Ihr das wissen?“ ließ der Hobbit nicht locker, bemüht, ein Gespräch zu beginnen, denn die Dunkelheit und bedrohliche Enge des Ganges wollten ihm den Mut rauben.

 

„Ich weiß es einfach“, fauchte der Zwergenkönig, dem wiederum der Sinn überhaupt nicht nach einer Unterhaltung stand.

 

„Zwerge verbringen den größten Teil ihres Lebens unter der Erde, daß es manchmal seltsam erscheint, wie sie sich an der freien Luft überhaupt zurecht finden“, erwiderte Celeborn salopp. „Das heißt, wenn sie sich dort zurecht finden.“

 

„Ihr meint, der Beweis steht noch aus?“ grinste Hamfast, froh darüber, ein Thema gefunden zu haben.

 

Durin brummte etwas von der Dummheit der Elben und trat beim Weitergehen unwillig fester auf.

 

„Es wird von ausgiebigen Wanderungen der Zwerge in vergangenen Zeitaltern erzählt“, berichtete Celeborn bereitwillig. „Unklar ist jedoch, welche Ziele sie dabei verfolgten. Da sie sich dabei stets an hohen Bergen orientieren, darf ein feineres Gespür für oberirdische Wege jedoch angezweifelt werden.“

 

„Ha!“ polterte Durin. „Und was ist mit Euch Elben? Wohin immer Ihr auch geht, immer endet Eure Wanderung in einem Wald. Einem Wald! Wißt Ihr wie viele Wälder es in Mittelerde gibt? Geht vor die Tür und Ihr steht in einem! Nennt Ihr das vielleicht einen Beweis für außergewöhnlichen Orientierungssinn?“ Der Zwerg lachte laut und gelöst. Das wirkte so ansteckend, daß Hamfast schallend mit einstimmte. Celeborn lächelte sanft.

 

„Für gewöhnlich sind die Angehörigen meines Volkes bekannt dafür, daß sie die gemütlichsten Flecken finden. Orte, die zum Bleiben einladen, wo fröhliche Leute sich aufhalten, ein prasselndes Feuer die Athmosphäre noch wohliger macht und gute Speisen und Getränke die Stimmung heben. Ich muß sagen, auf meinen Wanderungen zu den Zwergen und Elben hat mein Spürsinn mich sicher geleitet.“ Er tippte sich dabei breit grinsend mit dem Zeigefinger an seine Nase. Dann wieder ernst, blickte er mit einem leichten Schauder um sich. „Aber dieses Mal läßt er mich ganz kläglich im Stich“,

bekannte Hamfast sich schuldig.

 

„Ja“, stimmte Celeborn mit gespieltem Ernst zu. „Einen Wald kann ich hier allerdings auch nirgendwo entdecken. Herr Zwerg, Ihr seid in der Tat der Meister aller Fährtensucher.“ Er verneigte sich neckend.

 

„Danke, Herr Elb!“ erwiderte Durin mit einem spöttelnden Kopfnicken.

 

Ein dumpfes Rumpeln unterbrach die heitere Unterhaltung. Alle drei blieben stehen und lauschten. Das Gepolter war von oben gekommen, behauptete Hamfast. Nein, von vorne, war sich Celeborn sicher, und Durin behauptete, ein leises Beben des Bodens gespürt zu haben.

 

Jetzt war nichts mehr zu hören, und nach einer Weile gingen sie weiter, schweigend und darauf bedacht, bei einer Wiederholung des polternden Geräusches, dessen Richtung und Ursache ausfindig zu machen.

 

Doch es blieb still. Zumindest eine Zeitlang. Celeborn hörte es als erster. Er bedeutete den anderen mit einer stummen Geste, stehen zu bleiben. Dann, als das, was er hörte, nicht näherkam, winkte er ihnen, ihm recht leise zu folgen. Doch auch ein leise auftretender Zwerg verursacht auf steinigem Boden mit seinen schweren Stiefeln ein viel zu lautes Geräusch. Mißbilligend schüttelte Celeborn den Kopf. Hamfast hingegen bewegte sich zwar mit weniger Eleganz, dafür aber mindestens ebenso leise, wie der Elb. In seiner Ungeduld, und weil er wegen der schweren Schritte Durins erstrecht nichts zu hören vermochte, huschte er an seinen beiden Begleitern vorbei und ein Stück voraus. Dies war ihm möglich, weil seine Augen sich inzwischen an das Dunkel gewöhnt hatten und er zudem innerhalb des geringsten Fackelscheins blieb.

 

Weil er sich an diesem orientierte, bemerkte er auch, daß die beiden anderen hinter ihm stehen geblieben waren und hielt nun ebenfalls an.

 

Und jetzt hörte er es. Ganz leise, aber dennoch deutlich. Ein dumpfes, regelmäßiges Pochen. Es waren keine Trommeln. Auch nicht die Schläge eines Hammers. Hamfast steckte sich beide Zeigefinger in die Ohren und drehte sie ein paarmal darin um, als wollte er sie reinigen, um besser zu hören. Es änderte nichts. Verständnislos schüttelte er den Kopf und drehte sich fragend zu seinen Begleitern um.

 

„Was ist das?“ fragte er flüsternd. Celeborn lauschte ebenso gespannt wie er auf das Klopfen. Durin hingegen hörte es noch immer nicht.

 

„Wasser“, erklärte der Elb nach einer Weile. „Das Tropfen von Wasser auf Stein.“

 

Hamfast hatte sich in der Zwischenzeit wieder bei ihnen eingefunden. „Wasser?“ wiederholte er fast schon ein bißchen enttäuscht. Er zuckte die Achseln. Was war schon Bedrohliches an ein paar Wassertropfen! „Gehen wir weiter?“ forderte er die anderen auf.

 

Als er sich umwenden wollte, packte Durin ihn an der Schulter. Der Zwerg hatte die Augen weit aufgerissen, und schien seine Meinung keineswegs zu teilen. „Wenn meine Ahnung mich nicht täuscht, so befinden wir uns hier unter dem >Dunklen Wasser<, einem Bergsee, der tief in den Felsen hineinreicht. Wie tief, das weiß niemand so genau. Ich befürchte dieser Tunnel“, er spuckte das Wort aus, als wäre das Gebilde, dem sie folgten, nicht wert, so genannt zu werden, „hat möglicherweise...“

 

Ein lautes Krachen machte jede weitere Erklärung überflüssig. Die Tunneldecke stöhnte unter der Last, die sie nicht länger zu tragen vermochte. Durch dünne Risse rieselte bereits das Wasser auf sie herab. Der Boden unter ihren Füßen bebte unter der Wucht des Berges.

 

„Rennt!“ übertönte Durin brüllend den Lärm. „Rennt um euer Leben!“

 

Alle drei spurteten los, als ein dicker Wasserstrahl sich über die erhobene Fackel ergoß. Mit einem Zischen erlosch das Feuer. Sie standen im Finstern.

 

 

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