Viel Lärm um nichts?
Narvi
tobte. Wieder einmal dieses elende Langohr Celebrimbor! Erst verschandelte er
das schöne neue Westtor mit einem falschen Namen... Natürlich hatte sich Narvi
angemessen dafür revanchiert. Aber diesmal war er wirklich zu weit gegangen!
Schnaubend
stampfte der Zwerg in die kleine Gartenlaube, in der sich der Herr und die
Herrin von Eregion mit einigen Angehörigen ihres Volkes zum Frühstück
niedergelassen hatten, und schleuderte drei kleine wollene Dinger auf den
Tisch, mitten zwischen die aufgetragenen Köstlichkeiten.
Celeborn
zog fragend eine Augenbraue in die Höhe.
„Die hat
der da auf dem Gewissen!“ Narvi deutete anklagend mit dem Zeigefinger auf
Celebrimbor.
Der Noldo
stand mit dem Rücken an einen der hölzernen Pfosten gelehnt, die Arme vor der Brust
verschränkt und unterdrückte halbherzig ein hämisches Grinsen.
Galadriel
hob eines der seltsamen Wollknäuel auf und betrachtete es von allen Seiten.
„Was ist das?“
„Das sind
Mützen!“ schimpfte Narvi und als die Herrin ihm einen verwunderten Blick zuwarf,
fügte er fauchend hinzu: „Zumindest waren es welche. Meine besten und wärmsten
Wintermützen! Das war, bevor der da“ - er fuchtelte aufgeregt mit der Rechten
in die Richtung Celebrimbors, jedoch ohne sich dabei zu ihm umzusehen - „sie in
den Topf mit dem kochenden Wasser geworfen hat!“
„Ich
wollte sie nur reinigen. Sie standen vor Dreck.“ Celebrimbor betrachtete
arrogant seine Fingernägel. „Ihr sagtet selbst, daß sie eine Wäsche vertragen
könnten.“
„Eine
Wäsche. Ja! Eine sanfte Wäsche mit handwarmem Wasser. Handwarm! Versteht Ihr?!“
Narvi stampfte wütend mit dem Fuß auf. „Seht sie Euch an! Sind das noch
Mützen?“
Celebrimbor
gab sich den Anschein, als betrachte er die geschundenen Kleidungsstücke zum
ersten Mal. „Nein“, antwortete er dann wahrheitsgemäß und ohne den geringsten
Anflug von Reue.
Die
Mützen sahen wirklich kläglich aus. Dabei war es nicht das Schlimmste, daß sie
bei der viel zu heißen Wäsche aufeinander abgefärbt hatten und jede nun bunt in
der eigenen Farbe und denen der beiden anderen leuchtete. Nein, die Mützen
waren zusammengeschrumpft und zwar so stark, daß sie nicht einmal mehr auf den
Kopf eines kleinen Kindes paßten.
Narvi
stellte sich Celebrimbor gegenüber und funkelte ihn zornig an. Der Elb löste
sich geschmeidig von dem Pfosten und war bereit, einen tätlichen Angriff
abzuwehren.
Da kam
mit einem munteren Liedchen auf den Lippen Hamfast herbei. Er grüßte alle
freundlich und lüftete artig seinen großen Hut. Dann kletterte er geschwind auf
einen für ihn viel zu hohen Stuhl. Er bemerkte nicht die Spannung, die in der
Luft lag und erzählte heiter, wie gut er geschlafen habe und wie sehr er
hoffte, daß auch alle Anwesenden vom Schlaf erquickt und munter seien.
„Ist das
nicht ein herrliches Wetter?“ plauderte er. „Kein Wölkchen am Himmel, und die
Vögel zwitschern heute besonders schön!“ Er stellte sich kurz auf den Stuhl, um
zu den weichgekochten Eiern zu gelangen. Hamfast mochte keine kalten
Frühstückseier, weshalb er seines immer als allererstes aß.
Dabei
fiel sein Blick auf die drei Zwergenmützchen. „Oh!“ wunderte er sich, nahm
eines in die Hand und befühlte die dicke Wolle. „Hervorragend!“ jauchzte er
dann und stülpte es kurzerhand über sein Frühstücksei. „Das wird es schön warm
halten.“
Celeborn
und Galadriel lächelten sanft.
Die
beiden Streithähne vergaßen aufeinander loszugehen und starrten den kleinen
Hobbit verdutzt an.
„Vorzüglich.
Ganz vorzüglich!“ strahlte dieser und rieb sich in freudiger Erwartung die
Hände.
Celebrimbor
und Narvi blickten den Hobbit an. Sie blickten einander in die erstaunten Augen
und dann wieder auf den hochzufriedenen und genüßlich schmausenden Hobbit und
wieder zurück. Ihre Blicke wanderten zu dem sichtlich amüsierten Herrscherpaar
und etwas unschlüssig sahen sich beide erneut an. Sie zögerten, erkannten die
Unsicherheit in den Augen des jeweils anderen. Endlich war es um ihre Fassung
geschehen und beide brachen in ein schallendes Gelächter aus.
„Ihr
schuldet mir drei neue Mützen, Herr Elb!“ polterte Narvi lachend und reichte
ihm die Hand.
„Pünktlich
zum nächsten Winter, Herr Zwerg“, schlug Celebrimbor herzlich ein. „Pünktlich
zum nächsten Winter.“
ENDE
© Weihnachten 2014